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Der Zwerg - Uralter Verfechter von Recht und Ordnung

 

Mühsam rappelte sich Borin auf und blickte sich erst mit leerem Blick um. Wo war er? Was - die Erinnerung kam zurück. Erschrocken drehte er sich um und fluchte laut. Sich mühsam von seiner Kanone befreiend, stand der Zwerg auf und stolperte zu dem seltsamen Fluggefährt, welches rauchend und ziemlich mitgenommen aussehend auf der Lichtung lag.
Das Glas auf der Co-Piloten Seite war geborsten, jetzt wurden dem Zwerg auch seine Wunden und seine zerfetzte Kleidung bewusst. Dort war er wohl hindurch geflogen und dann auf dem Gras gelandet. Die andere Scheibe zeigte dagegen nur Risse und Sprünge auf. Dahinter erkannte der Zwerg den Piloten, seinen Freund.
So schnell ihn seine kurzen Beine trugen, lief er zur Einstiegsluke. Telgar lebte, seine Augen waren geöffnet gewesen, er musste ihm so schnell wie möglich helfen.
Kräftig rüttelte der Zwerg am Griff. Er fürchtete schon, dieser würde nachgeben und abbrechen, aber nach ein paar Sekunden öffnete sich knirschend die Schiebetür.
Vorsichtig spähte Borin in das Innere des Fluggefährts. Die Notbeleuchtung flackerte und ab und zu waren an den Konsolen kleine Blitze zu sehen. Rauch reizte seine Nase. Aus dem vorderen Teil hörte Borin das Stöhnen seines Freundes.
Mit einem Schwung rollte er sich in den Helikopter und zwängte sich an herumliegendem Gerät vorbei zum Pilotensitz. Über das Gesicht von Telgar liefen Rinnsale von Blut , welches seinen langen, weißen Bart durchtränkte. Fast leblos blickten Borin dessen graue Augen unter buschigen Brauen hervor an. "Lass mich zurück, die Maschine wird in Kürze explodieren." Energisch schüttelte Borin den Kopf und mit einem gepressten ‚Nein' fasste er den Anderen unter die Arme und zog ihn aus dem Sitz.
Rückwärts gehend und das ihm im Weg liegende beiseite stoßend, schob er sich bis zur Einstiegsluke. Doch was jetzt? Telgar hatte bestimmt innere Blutungen und er schien bewusstlos. Leise vor sich hin bruddelnd, wuchtete sich Borin vom Helikopter hinunter und zog prüfend an seinem Freund. Es wäre einen Versuch wert, ihn sich erstmal auf den Rücken zu nehmen.
Der Zwerg packte den Schwerverwundeten an den Schultern und zog ihn vorsichtig über den Rand des Einstiegs. So sollte es gehen. Mit einem flauen Gefühl im Magen drehte sich Borin um und verrenkte sich beinahe dabei, als er die Arme nach hinten streckte und Telgar leicht anhob.
Ein Ruck nach vorne und dieser lag auf Borins Rücken. Der Zwerg schwanke leicht und schaffte es nur mühsam, sich auf den Beinen zu halten. Aber er wollte erst das weiche Gras erreichen, ehe er seinen Freund niederlegte.
Schwerfällig stapfte der Zwerg mit seiner Last über die verbrannte Erde, weg von dem abgestürzten Fluggerät und damit auch weg von der unmittelbaren Gefahr.
Endlich! Ächzend sank Borin auf dem ersten Stück Gras auf die Knie und ließ seinen Freund seitlich von seinem Rücken rollen. Vorsichtig legte er ihn nieder auf die Erde.
Fluchend blickte er zurück. Das Wrack war noch zu nahe. Er musste weiter. Schwer atmend beugte sich Borin zum bärtigen Gesicht des anderen Zwerges hinunter und versuchte, dessen Atem wahrzunehmen. Ganz schwach spürte er einen Lufthauch seine Wangenhaare kitzeln.
Ächzend richtete sich der Zwerg wieder auf, fasste den Verletzten wiederum unter den Armen und zog ihn in Richtung einer kleinen Baumgruppe in der Nähe.
Auf halbem Wege explodierte das Fluggerät mit lautem Getöse und Borin war froh, dass sie sich weit genug vom Unglücksort entfernt befanden.
Er plumpste niedergeschlagen auf seinen Hintern und schaute müde auf den Liegenden hinab. War dies das Ende? Kurz nach dem Start waren sie auf ein grelles Licht zugeflogen, aus dem sich ein bunter Wirbel herauskristallisiert hatte. Was ist das bloß gewesen?
Ein Stöhnen unterbrach Borins Gedankengänge. "Borin Ironfist, ich danke dir." Ein quälender Husten schüttelte den alten Zwerg und Borin hielt ihn am Oberkörper fest. "Was ist passiert, Telgar, da war dieses Leuchten?" Borin wusste, dass sein Freund nicht überleben würde, also musste er sich darauf konzentrieren, wieder in die Heimat zu gelangen.
Mühsam hielt der andere Zwerg die Augen auf. "Wir sind durch einen Raum-Zeit Strudel geflogen. Eine seltsame Erscheinung, die …" Wieder schüttelte es den Verletzten und er verzog das Gesicht vor Anstrengung. "Höre, junger Zwerg! Du bist hier in einer völlig anderen Welt als der, die wir unser Zuhause nennen. Versuche, von hier zu fliehen." "Aber wie?" Telgars Worte kamen nur noch mühsam über dessen Lippen. Erst jetzt, als der andere erschöpft und dem Tode nahe vor ihm lag, erkannte Borin, wie alt sein Mentor in Wahrheit war.
"Du musst eine große Energiequelle finden. Sie wird einen weiteren Strudel öffnen, sobald du …" Telgar krümmte sich und umkrampfte mit den Händen seinen Bauch. Er spuckte Blut und sein Husten wollte nicht enden.

Borin hatte ein kleines Hügelgrab unter der Baumgruppe ausgehoben. Dieser Ort war nicht die Heimat und das tat ihm sogar mehr weh, als der Tod seines alten Freundes an sich. Jeder Zwerg sollte vor seiner eigenen Höhle bestattet werden, aber es ging nicht anders. Als Grabstein diente ein halb verkohltes Rotorblatt des Hubschraubers.
Was sollte er nun tun? Wohin gehen? Nach welcher Energiequelle suchen? Wie sollte er in dieser fremden Welt zurechtkommen?
Fern von der Heimat und getrennt von dem letzten seiner Art, überkam den Zwerg ein überwältigendes Gefühl von Beklommenheit.
Kurz entschlossen schüttelte er den Kopf, stand auf und stapfte auf den Waldrand zu, nicht ohne vorher seine Kanone auf den Rücken zu schnallen.

 

Story by Dar'kAs